Eine Frucht, die die Romagna groß gemacht hat
Der Pfirsich hat eine lange Reise hinter sich, bevor er nach Europa kam. Manche schreiben seine Einführung Alexander dem Großen zu, der ihn nach seinen Feldzügen gegen die Perser mitgebracht haben soll. Andere glauben, dass die Griechen ihn aus Ägypten kannten. Und es gibt auch die Theorie, dass chinesische Truppen den Pfirsichbaum bereits im Jahr 139 v. Chr. nach Nordafghanistan brachten – von dort aus verbreitete er sich schnell nach Westen, weil er sich so einfach aus Samen vermehren lässt.
(C. Fideghelli, Frutticoltura Speciale, REDA – 1991)
Viele Experten sind sich heute einig: Die ursprüngliche Heimat des Pfirsichs ist wohl doch eher China als Persien – was auch Sinn ergibt, denn in Persien gibt es keine wild wachsenden Pfirsichbäume. In China dagegen gilt der Pfirsichbaum als heiliger Baum: Er steht für Gut und Böse zugleich, wird seit Jahrhunderten verehrt und angebaut. Die Früchte dort sind zwar klein und unscheinbar, aber ihre symbolische Bedeutung ist riesig.
Im Laufe der Zeit haben sich unzählige Sorten entwickelt – darunter auch die „Nektarine“, von der die Alten sogar glaubten, sie sei aus der Verbindung zwischen einem Pfirsichbaum und einem Haselstrauch entstanden.
Der Ursprung des italienischen Obstanbaus
Um die Wurzeln des modernen Obstanbaus in Italien zu verstehen, muss man in die Emilia-Romagna zurückblicken. Gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden in der Provinz Ravenna – und ganz besonders in der Gemeinde Massa Lombarda – die ersten größeren Obstplantagen. Dabei handelte es sich vor allem um Pfirsichgärten.
Genau hier beginnt die Geschichte des italienischen Obstanbaus. Und es waren die Pfirsiche, die als echter Motor für die Entwicklung der gesamten Branche dienten. Von den Anfängen im frühen 20. Jahrhundert bis hin zu einem Wachstum, das Italien zur führenden Obstbaunation Europas machte – der Erfolg nahm in der Romagna seinen Lauf.

Die erste Pfirsichplantage
Die erste Pfirsichplantage entstand 1898 in Massa Lombarda – angelegt von Giuseppe Gianstefani. Es handelte sich damals um eine bescheidene Fläche von rund drei Hektar, auf der zwei Sorten angebaut wurden: Buonincavato precoce (früh) und tardivo (spät).
Im Jahr 1904 legte Adolfo Bonvicini eine zehn Hektar große Pfirsichplantage an. Gleichzeitig richtete er Versuchsfelder ein, um verschiedene Anbaumethoden zu erforschen und die Pfirsichproduktion gezielt weiterzuentwickeln. Die gewonnenen Erkenntnisse nutzte er, um den Obstanbau auf seinem Gut weiter auszubauen. Bonvicini erkannte früh das enorme Potenzial der Böden von Massa Lombarda für den Anbau von Pfirsichen – und generell von Obstbäumen.
Sein Beispiel machte Schule: Nach anfänglichem Zögern folgten weitere Landwirte in der Region seinem Vorbild. Der industrielle Obstanbau hatte damit endgültig Fuß gefasst.
Wie der Agronom Peglion feststellt, diente das Modell von Massa Lombarda als Vorlage für viele weitere Anbaugebiete in der Umgebung – nicht nur in der näheren Umgebung, sondern auch in den Flachlandregionen der angrenzenden Provinzen Ferrara, Bologna und Forlì. Diese Ableger entwickelten sich im Laufe der Zeit zu ebenso starken Anbauzentren wie das ursprüngliche Kerngebiet.
Ab 1922 breitete sich der spezialisierte Obstanbau weiter aus – etwa in den Gemeinden Lugo, Bagnacavallo und Conselice. Auch im Raum Cesena machte sich dieser Aufschwung in den 1920er-Jahren bemerkbar: Die Anbaufläche für Pfirsiche wuchs dort zwischen 1923 und 1933 von 170 auf ganze 1.550 Hektar.
Ein Blick auf die Entwicklung des Pfirsich- und Nektarinenanbaus in Italien von der Nachkriegszeit bis in die 1980er-Jahre zeigt deutlich: Die Emilia-Romagna spielte dabei stets die führende Rolle – weit vor allen anderen Regionen des Landes.